.zurück.Tell Schwandt, privat, 14089 Berlin, Lerchenstr. 14.......
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Meine Mutter Fridel wurde 1915 und ihr Bruder Tell Schiller wurde 1924 geboren. Sie wurden von ihrem Vater Paul zuhause oder im Schrebergarten (in der Familie "Feld" genannt) liebevoll bekocht, beaufsichtigt und auch gerügt und manchmal ehrlich gelobt [berichtete meine Mutter], aber nie geschlagen.

Fridel Paula Schiller wuchs in Berlin Charlottenburg, Fritschestrasse 24 ( linkes Bild: im patenten Sitzgestell ) auf, aber auch nackt im Grünen oder am Ostseestrand. Die Fotos hier oben machte meine Oma, die eine Rollfilm-Kodak-Box ( "You Press The Button, We Do The Rest" ) ihr Eigen nannte.
Die Tochter wurde nicht wirklich gefragt (Vater Paul hatte ja die Arbeiterjugendbewegung vor dem ersten Krieg mit erfunden) und Fridel wurde ca. 1927 beim Kommunistischer Jugendverband Deutschlands angemeldet. Es hat ihr da viel Spass gemacht und in einem Kinderferienlager hat sie dann auch irgendwann meinen späteren Vater kennen gelernt. Von Ihren Eltern wurde sie mal in den 20er Jahren mit einer Dose Ananas ins sowjetische Ferienlager geschickt: Die war in der ersten Nacht schon geklaut. Das hatte sie den Sowjetmenschen garnicht zugetraut!
Fridel war eine durchschnittliche Schülerin, begeisterte "Fichte-Sportlerin" (dieser Arbeitersportverein wurde 1933 verboten) und machte die Handelsschule, konnte etwas Englisch und recht flott Stenografie. Fridel hatte ein Herren-Sport-Fahrrad und fuhr weite Strecken damit. Eine grosse Rolle spielten in Fridels Jugend ihr Cousin Arno Peters. Sie erzählte öfter davon diesen im Weitpinkeln besiegt zu haben.



Mit diesem "Inserats-Manuskript" kündigte Vater Schiller seinen Sohn an:
_Fridels Bruder Tell Fridolin Schiller*




Fridel und Tell Schiller waren in den grossen Ferien so manches Mal mit den Eltern nach Misdroy an der Ostsee gefahren. Wenn nicht, war Tell oft in Konradshöhe und eroberte die Welt an der Havel zusammen mit seiner gleichaltrigen Cousine Ilse Block (Jahrgang 1923). die da wohnte. Dorthin konnte man mit der Strassenbahn über Tegel fahren.
Im Winter war Ilse Block oft bei Schillers in der Fritschestrasse zu Besuch, hat auch da geschlafen. Ilse und Tell haben dann oft ihre gemeinsame Grossmutter Schulz in der Scharrenstrasse, nahe beim Charlottenburger Schlosspark, besucht oder waren Schlittschuhlaufen mit den Eltern auf dem Lietzensee. Da war damals abends Musik und Beleuchtung der Eisfläche.


Kaffeetrinken in Tegelort [oder in Bürgerablage(?), jenseits der Havel] links stehend mit der Kanne Lucy Peters, daneben Tell Schiller, seine Mutter Frida und Mieckchen lächelt in die Kamera...

Ilses Mutter Emmy Block war die jüngste Schwester meiner Oma. Emmy, richtig: Emilie Johanna Therese Block, geborene Schulz, geboren 1893, gestorben 1956, genannt "Mieckchen" (weil sie so klein und zierlich war) hatte während des ersten Weltkrieges geheiratet und hatte mit Ihrem Mann, einem BEWAG-Elektromeister [BEWAG = "Berliner Städtische Elektrizitäts-Werke Aktiengesellschaft", heute verkauft an "Vattenfall"] Fritz Hermann Albert Max Block noch weit bis in die 20er Jahre bei ihrer Mutter Hulda Schulz in der Scharrenstrasse in Charlottenburg (heute Schustehrusstrasse) gewohnt. Dann hatten sie ein Laube auf Maienwerder und später zogen sie endgültig nach Konradshöhe in die Sperberstrasse. Block war Kommunist und Starkstrommeister und ist 1945 von den Sowjets zum Direktor des BEWAG Kraftwerks Oberhavel (gegenüber von Konradshöhe) gemacht worden und als er da durch die Werstalliierten rausflog ist er bei der Reichsbahn untergekommen. Heute ist dies Kraftwerk verschwunden.
Tochter Ilse hat in dieser Zeit auch einen Elektromeister von der Reichsbahn geheiratet: Günter Schendel (1921-2003).Sie haben zwei Kinder bekommen: Andree (1948) und Angelika (1952). Die haben dann je eine Tochter (Nastasia, 1981 und Geraldine, 1979) und Andree vorher noch einen Sohn (Nicolei-Andree, 1978) bekommen.



Mit 14 war Fridel in einem Ferienlager in Nassenheide im Löwenberger Land. Sie verliebt sich in einen der Betreuer, der ihr dann auch noch das Leben, zumindest aber den grossen Zeh rettete - das verbindet. Der Betreuer: Heiner Schwandt, mein späterer Vater. Heiner trägt sie dann die 4 Treppen zur Wohnung ihrer Eltern in der Fritschestrasse in Charlottenburg hinauf. Das hat sie ihr Leben lang erzählt. So richtig was mit ihm gehabt, sagte sie, ...das war erst später.




Ferien in Misdroy an der Ostsee: FKK war in dieser Familie immer üblich. Hier eine der wenigen Ausnahmen:

Mutter Frida wars wohl zu kalt, trotz Badeanzug mit Zwickel


Fridel machte als Jugendliche weite Radtouren ins Berliner Umland. Ein bei ihr beliebtes Ziel und für den Rest ihres Lebens ihre Lieblingsbadestelle die "Pferdekoppel" am Groß-Glienicker See, südlich von Spandau. Diese Wiese ist damals ein wilder Zeltplatz für Arbeits- und Obdachlose. Bald kennt sie da einige junge Männer und geht doch keine feste Beziehung ein. Von der Wiese aus sieht sie zu, wie oberhalb ein ehemaliges Getreidefeld bebaut wird, gemauert mit hochgebrannten dunkelroten Vollklinker-Steinen und ein Garten rundherum angelegt wird. [ Dies Haus blieb nicht nur ein Traum. In ihren letzten Lebensjahren war das später ihres. Aber daran war damals nicht zu denken. ] Vielleicht waren auch die Maurer auf der Baustelle so attraktiv.

Als meine Mutter Fridel 18 war, fing die Nazizeit an und auch die Haussuchungen der Polizei nahmen in den folgenden Jahren in der Wohnung der Schillers zu. Und diese Familie wusste "Hitler bedeutet Krieg". Andere waren da durch die Olympischen Spiele und die entstehenden Bauten dafür abgelenkt und haben nicht mitbekommen, was politisch heraufzog.
Meine Großeltern hatten immer großes Interesse an der Sowjetunion gehabt. Paul Schiller war mit einer deutschen Arbeiterdelegation sogar bei einem Subotnik mit Lenin zusammengetroffen. Jedenfalls kannte meine Oma nicht nur Schriften von Alexandra Kollontai (der Frau, die den Frauentag nach Europa brachte und damit die erste Russische Revolution mit vorbereitete), sondern hatte sie auch schon kennengelernt, vermutlich im Zusammenhang mit der Arbeit meiner Oma in der sowjetischen Handelsvertretung in Berlin. Die Kollontai war in den dreissiger Jahren und bis 1945 Botschafterin der UdSSR in Schweden, wo sie hochachtungsvoll "Madame Kollontay" genannt wurde. Meine Oma bat sie, ob sie nicht irgendwie meine Mutter nach Schweden holen könnte. So wurde meine Mutter Hauslehrerin in der Familie Stepanjan, des ersten Botschaftssekretärs der UdSSR in Stockholm. Die Stepanjan-Kinder sollten Deutsch lernen. Meine Mutter erinnerte sich aber mehr an die geleistete Arbeit in der Küche der Stepanjans (den Kindern wurde immer Kakao gekocht) als an Unterricht.

Postkarten, die Fridel Schiller aus Schweden mitbrachte

Fridel hat nur wenig Schwedisch gelernt, sich in ihrer Freizeit in Stockholm viel gelangweilt. Sie schwärmte aber von den Wintern in Stockholm und vom Schlittschuhlaufen im Königspark, dem Kungsträdgården und brachte schöne finnische Langlaufskier von da mit (tack så mycket). Nach wenigen Jahren hielt sie es nicht mehr aus und wollte wieder zu ihrer Familie nach Berlin...

Fridel fand eine Stelle im Büro irgendeines Verbandes der deutschen Porzellanindustrie oder so ähnlich. Im Krieg wurde sie dann Zwangsverpflichtet als Schreibkraft bei der Firma TOBIS. Da wurden Lehrfilme für die Heeresfilmstelle hergestellt. Besonders erinnerte sie sich an einen Film über das Anlegen von Schneeschuhen bei der Wehrmacht. In ihrer Freizeit haben ihre Eltern von ihr verlangt, unauffällig Flugblätter der KPD zu streuen. Fridel war mit Ihren Eltern deshalb unglücklich.


Tell Schiller wuchs heran, hatte eher Freunde als Freundinnen und machte mit denen zusammen gern Ausflüge und Reisen. Eine seiner Leidenschaften wurde das Bergsteigen und Wandern. Seine Eltern konnten ihm schöne Reisen finanzieren, da die Familie inzwischen auch Erspartes aus dem guten Gehalt von Frida Schiller bei der Sowjetischen Handelvertretung hatte.

 Schillers Tell auf der Alm

Nach seiner Schulzeit trat Tell Schiller eine Lehre bei der Dachpappen-Firma Ruberoit an. Er kam dadurch auch mal in deren Zentrale nach Hamburg und hat sich in diesem Betrieb sehr wohl gefühlt. Ich vermute er wurde 1943 eingezogen. 1944 war er jedenfalls an der Ostfront vermisst. Seine Eltern hofften, er wäre zur Roten Armee übergelaufen, aber es gab nie wieder eine Nachricht über oder von ihm. Daher wurde ich, als Fridel 1948 mich bekam, nach ihm benannt.


Fronturlaub zuhause ( mit einer sowjetischen Kaffetasse seiner Eltern ), da ist Tell Schiller noch keine 20 Jahre.



Frida und Fridel halten 1944 den Bombenhagel und die unverdrossenen Aktionen von Paul Schiller gegen die Nazis nicht mehr aus und erfinden gegenüber der Obrigkeit eine Ausrede, Fridel zwecks Heirat mit einem angeblich mit ihr verlobten Obersalzberg-Bewacher nach Berchtesgaden zwecks Heirat zu bringen.
Sie fahren im Winter 44/45 tatsächlich hin, doch gleich wieder zurück, ohne den "Bräutigam" zu treffen. Sie reisen mühevoll, denn nix fährt mehr richtig für die Zivilbevölkerung und wenn, dann ist immer gleich Fliegeralarm und "raus aus der Eisenbahn in den Wald" angesagt.
An der Elbe treffen sie den ersten Russen und Fridel (jetzt 30 Jahre) fällt dem pockennarbigen jungen Rotarmisten um den Hals und knutscht ihn nieder. Der ist fassungslos und als Frida dann noch in perfektem Russisch ihm dankt Deutschland von der braunen Pest zu befreien, soll er ohnmächtig in meiner Mutter Arme gesunken sein. Vergewaltigt wurden die beiden auf ihrer Reise durch das Kriegsende in Bayern und direkt danach Anfang Mai 1945 bis Berlin nie! Mit großer Angst laufen Sie durch das zerbombte Berlin und biegen schließlich in die Fritschestrasse ein: das Haus steht noch und Paul lebt!



Der Krieg ist vorbei: Fridel geht zum Fotografen, denn für alle möglichen Sachen braucht man aktuelle Bilder. Sie tritt in die KPD ein und wird Leiterin der Zuzugsbehörde (Wohnungsamt) in Charlottenburg.

Nach den Wahlen 16 Monate nach dem Ende der Hitler-Diktatur am 20.10.46 bröckelt der Einfluss ihrer Partei für die sie und ihr Vater damals kandidierten:


Fridel blieb noch im Jugendausschuss und arbeitete noch einige Monate im Zuzugsamt, wo sie allierte Vorgesetzte hatte, deren Zustimmung  zu jeder Wohnungsvergabe in Charlottenburg sie einholen musste. Nach einiger Zeit hatten diese Vorgesetzten keine Lust mehr jeden einzelnen Zettel abzustempeln und liessen ihr die Dienstsiegel einfach da und Fridel schrieb Yes, Yes, Oui, Da und stempelte selbst. Dann hört sie auf, denn sie ist schwanger mit mir.



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